Das erweiterte Rentnerprivileg nach dem VersAusglG
Mit dem Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs vom 03.04.2009 ist das sog. Rentner- und auch das Pensionärsprivileg abgeschafft worden. Diese ließen bei einem Versorgungsausgleich
nach Eintritt des Versorgungsfalls die Rente/ Pension des Aus- gleichsverpflichteten solange ungekürzt, bis auch der Berechtigte in Ruhestand ging. Für die Fälle, in denen nach
Wirksamwerden der VA-Entscheidung der Ausgleichsberechtigte noch keine Rente erhält, beim Verpflichteten jedoch der Versorgungsfall eintritt und dieser gleichzeitig noch gegenüber dem
Berechtigten zu Unterhaltsleistungen verpflichtet ist, enthält § 33 Abs.3 VersAusglG gegenüber § 5 VAHRG eine weitere Einschränkung. Nach der alten Rechtslage wurde für die Zeit bis zu der auch
der Berechtigte eine Rentenleistung bekommt, die gesamte (versorgungsausgleichsbedingte) Leistungskürzung des Verpflichteten ausgesetzt. In § 33 Abs.3 VersAusglG wird demgegenüber nunmehr die
Aussetzung dieser Kürzung lediglich auf die Höhe des Unterhalts begrenzt.
Das VersAusglG setzt mit beiden Maßnahmen das seit seinem Anbeginn vorgegebene gesetzgeberische Ziel für den VA, frühzeitig und endgültig eigenständige Versorgungsanrechte zu schaffen, mithin
strikter um als das alte Recht.
Die Ruheständlerprivilegierung stellte eine Durchbrechung des Grundsatzes der sofortigen und endgültigen Vollziehung des VA dar, deren Ursache schon während des Verfahrens vorlag. Folgerichtig
wurde dieses erheblich von den „prägenden Grundsätzen“ abweichende Privileg leicht als aufgebenswert, angesehen.
Der Anpassung wegen Unterhalts, die erst nach Rechtskraft des Scheidungsurteils virulent wird, konnte dagegen als verfassungsrechtlich anerkannte „Härteregelung“ ihr
Existenzrecht nicht gänzlich abgesprochen werden. So erscheint doch ihre restriktivere Aus- nahmeausgestaltung schon als strikteste Umsetzung des Prinzips der separaten
Versorgungsanrechte.
Insbesondere die Begrenzung der Aussetzung auf die Höhe des bei ungekürzter Versorgung gegebenen Unterhaltsanspruches wirft Fragen auf. Das Verfahren nach den §§ 34, 34 VersAusglG soll eine Regelung allein im Hinblick auf den möglichen Härtefall sein, der durch die Bestehende Unterhaltspflicht und gleichzeitiger Durchführung des Versorgungsausgleichs entsteht. Konsequenterweise können beide geschiedenen Eheleute den Antrag stellen.
Das Verfahren ersetzt aber kein Unterhaltsverfahren. Bestehende Titel werden nicht geändert, sollte kein Titel bestehen, wird hier keiner geschaffen. Insoweit wird immer zu prüfen sein, ob nicht parallel ein Unterhaltsverfahren zu führen ist. Innerhalb des Verfahrens wird auch nicht der Versorgungsausgleich überprüft. Sollten die Voraussetzungen einer Abänderung des Versorgungsausgleichs, der nach altem Recht durchgeführt wurde, gegeben sein, wäre hier vorab ein weiteres Verfahren notwendig.
Das Familiengericht prüft in welcher Höhe ein Unterhaltsanspruch bestünde, wenn der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt worden wäre. Dabei gilt es auch zu
prüfen, ob dem Grunde nach ein derartiger Anspruch noch gegeben ist. Dazu müssen insbesondere die Geschiedenen umfangreich am Verfahren mitwirken.
Das Verfahren nach den §§ 33, 34 VersAusglG ist für die Beteiligten schwer zu durchschauen. Der Mißbrauchsmöglichkeit im Rahmen der alten Regelung nach § 5 VAHRG hat der Gesetzgeber eine komplexe
Normierung mit mehrstufigen Berechnungen entgegengestellt, die Einzelfallgerechtigkeit bringen und den Mißbrauch verhindern soll.
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